Uni Wien:Einführung in die Allgemeine Sprachwissenschaft VO (Prinzhorn)/Übungsfragenkatalog

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Übungsfragenkatalog von Prof. Prinzhorn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anmerkung: Die Antworten wurden im Proseminar gemeinsam mit Prof. Neubarth ausgearbeitet.

Semiotik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Was ist der Unterschied zwischen Semiotik und Semantik?
    Semiotik = die Lehre von den Zeichen und den Symbolen, Zeichensystemen und Zeichenprozessen, Oberbegriff für Semantik, Pragmatik, Syntax
    Semantik = Lehre von der Bedeutung der (sprachlichen) Zeichen, Unterbegriffe strukturelle/generative/praktische Semantik
  2. Was meint de Saussure mit der Arbitrarität des sprachlichen Zeichens?
    die Beziehung zwischen dem Bezeichnenden (Signifikant, Lautbild, Zeichengestalt) und dem Bezeichneten (Signifikat) beruht auf menschlicher Konvention und Setzung statt auf einer naturgegebenen Gesetzmäßigkeit, verknüpft mit Konventionalität
  3. Was meint de Saussure mit Signifikat und Signifikant? Geben Sie ein Beispiel.
    Signifikant = phonetische Seite/akustisches Bild („Apfel“), Signifikat = semantische Seite (Vorstellung/Konzept eines Apfels). Das Zeichen nach de Saussure besteht aus einem Signifikat, das die Form des Zeichens bestimmt und dem Signifikanten, der den Inhalt, die Bedeutung darstellt.
  4. Was meint Peirce mit dem Zeichentyp „Ikon“? Geben Sie ein Beispiel.
    Bildhafte Beziehung zwischen Signifikant und Signifikat
    In der Sprache etwa Onomatopoetika (lautnachahmende Zeichen) – kikeriki, fetz, kokel, bumm, Bilder, Diagramme (durchgestrichene Zigarette)
  5. Was meint Peirce mit dem Zeichentyp „Index“? Geben Sie ein Beispiel.
    ein Zeichen, das physisch mit dem Objekt direkt verbunden ist (direkte Relation) z.B. der Geruch eines Pfirsichs als Zeichen für einen Pfirsich. Es erzeugt durch Sinneswahrnehmung eine Bedeutung, Thermometer, Rauch für Feuer, Fußspuren
  6. Was meint Peirce mit dem Zeichentyp „Symbol“? Geben Sie ein Beispiel.
    ein Zeichen, das in einem willkürlich gewählten Zusammenhang zu dem Objekt steht, z.B. das Wort „Tisch“, dessen Form in keinem objektiv feststellbaren Zusammenhang zum Möbelstück steht. Es erzeugt eine Bedeutung durch einen gelernten Zusammenhang zwischen Zeichen und Symbol, der von den Konventionen der Gesellschaft festgelegt wurde.

Morphologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Führen Sie eine morphologische Analyse eines der folgenden Wörter durch: Abbildbarkeit, Notlösung, Engstirnigkeit
    Datei:Abbildbarkeit-notloesung.gif
    Anm.: "+" zeigt die Morphemgrenze an
  2. Charakterisieren Sie den Unterschied zwischen Komposition und Derivation (mit Beispielen).
    Komposition = Kombination von mehreren freien Morphemen z.B. Fußballplatz, Donaudampfschiff
    Derivation = Kombination eines inhaltstragenden mit einem/mehreren gebundenen Morphemen z.B. Fußballer, grünlich. Führt oft zu einer Kategorieänderung.
  3. Was ist morphologische Produktivität? Was ist eine morphologische Irregularität?
    Produktivität: interne Struktur eines Wortes ist transparent
    Irregulatität: interne Struktur ist nicht mehr transparent z.B. Auskunft, künftig, Brombeere, Himbeere --> Was ist "kunft", was ist "Brom"?
  4. Beschreiben Sie den Aufbau des mentalen Lexikons.
    lexikalische (Grund-)Kategorien im Lexikon: Nomen, Verb, Adjektiv, Prä- bzw. Postposition (Adposition)
    offenes vs. geschlossenes Lexikon
    offen: Konzepte, die in einer mehr oder weniger starken Relation zur Welt stehen z.B. Baum, Fax, grün, Liebe, gut – ist theoretisch unbegrenzt
    geschlossen: funktionale Konzepte, die an sich keinen außersprachlichen Bezug haben, sondern dazu dienen, außersprachliche Konzepte zu modifizieren oder in einer Außenwelt (Situation) einzubetten – Tempus (gehen, geht, ging, gegangen), (In-)Definitheit (Klavier, das Klavier, ein Klavier, die Klaviere) usw. nicht beliebig erweiterbar. Die Elemente des geschlossenen Lexikons verankern sprachliche Konzepte in Raum und Zeit und in möglichen Welten.
  5. Was ist das kategoriales Haupt (= engl.: Head) in der Morphologie? Geben Sie ein Beispiel mit Struktur.
    Jenes Element, das den kategorialen Gehalt einer Struktur determiniert, steht ganz rechts. Diese Determination der Kategorie geschieht durch Hauptprojektion auf die höhere Ebene. z.B. [[himmel]N [blau]A ]A
  6. Was ist der Unterschied zwischen flektierender und agglutinierender Morphologie?
    agglutinierende Sprachen (z.B. Türkisch) haben Flexionsendungen, die jeweils genau einer Funktion entsprechen
    flektierende Sprachen (z.B. Deutsch) haben Flexionsendungen, die auch mehreren Funktionen entsprechen können
  7. Was ist der Unterschied zwischen gebundenen und freien Morphemen? Geben Sie Beispiele.
    Einteilung: ob sie frei im Satz als Wörter auftreten können oder nicht. Gebundene Morpheme sind die Endungen in Ableitungen (z. B. -lich, -sam, -ung), die Flexionsendungen (z. B. -en, -st, -t) sowie unselbständig vorkommende lexikalische Morpheme (z. B. Him- in Himbeere, Schorn- in Schornstein).
    Ein freies Morphem kann ohne ein weiteres Morphem ein Wort bilden, z. B. „in“, „Mensch“, „schön“. Ein gebundenes Morphem benötigt mindestens ein weiteres (freies oder gebundenes) Morphem, um ein Wort bilden zu können; z. B. „ent-“ und „-en“, welche sich an einen Verbstamm wie „komm“ anhängen und „entkommen“ bilden.
  8. Wie verhalten sich Komposition und Flexion zum geschlossenen und zum offenen Lexikon? (Kein Beispiel notwendig)
    Komposition: betrifft das offene Lexikon
    Flexion: betrifft das geschlossene Lexikon

Syntax[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Was bedeutet Rekursion in der Syntax? Geben Sie ein Beispiel.
    Erzeugung infiniter Struktur durch wiederholte Anwendung von syntaktischen Regeln deren Output die Basis für die nächste Regelanwendung bildet z.B. Einbettung
    auf der Insel --> auf der Insel mit Namen --> auf der Insel mit Namen ohne Vokal
  2. Warum steht der Begriff der Rekursion mit den Begriffen Arbeitsgedächtnis und Performanz in einem Zusammenhang? (Kein Beispiel notwendig)
    Möglichkeit der Rekursion ist durch Arbeitsspeicher beschränkt. Arbeitsgedächtnis = Kurzzeitgedächtnis. Kompetenz bezeichnet die abstrakte Sprachfähigkeit des Menschen: er besitzt das sprachliche Wissen um alle und nur die grammatischen Sätze seiner Sprache zu bilden oder erkennen. Kompetenz gibt die Möglichkeit, Rekursion endlos anzuwenden. Performanz bezeichnet den tatsächlichen Gebrauch dieses Wissens. Die Performanz wird dabei beeinflusst von Faktoren wie Arbeitsgedächtnis, Konzentration, etc.
  3. Erklären Sie, was funktionale Kategorien sind und geben Sie jeweils ein Beispiel für C, D, und T.
    Funktionale Kategorien sind notwendig für die Einbettung in Zeit und Raum.
    D = Determinator, „der“; T = Tempus, „hat“, C = Complementierer, „weil“
  4. Geben Sie ein Beispiel für den Substitutionstest für syntaktische Kategorien.
    Das Buch liegt am Tisch --> Was liegt am Tisch? Wo liegt das Buch?
  5. Geben Sie ein Beispiel für den Koordinationstest für syntaktische Kategorien.
    nur Konstituenten desselben Typs lassen sich koordinieren (z.B. CP mit CP, VP mit VP, aber nicht DP mit NP): John gave a very clever and hardly trivial answer. --> John gave a very clever answer. John gave a hardly trivial answer. Oder: Die Katze und der Hund liegen auf dem Sofa.
  6. Geben Sie vier Beispiele für Phrasen in der Syntax.
    DP: der Mann
    PP: mit dem Hut
    NP: Mann (mit Hut)
    AP: sehr grün
    CP: weil sie lachte
    VP: ein Buch lesen
  7. Was ist der Unterschied zwischen hauptinitialen und hauptfinalen Sprachen?
    hauptinitial: Haupt vor Komplement
    hauptfinal: Komplement vor Haupt
    Datei:Hauptinitial-final.gif
  8. Beschreiben Sie ohne Strukturen die Verb-Zweit-Eigenschaft des Deutschen.
    dass das Element, das die Finitheitsmerkmale trägt, der Verb-Zweit-Regularität unterliegt, also mit einer bestimmten Position im Satz verbunden ist (weil die Spezifikatorstelle der CP mit irgendeiner maximalen Projektion (XP) gefüllt werden muss).

Semantik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Definieren Sie den Begriff Metapher und geben Sie ein Beispiel.
    beeinhaltet einen bildhaften Vergleich, der nicht explizit ist (nur angedeutet, worin er genau besteht ist mir überlassen) z.B. Fußballspieler – Terrier, schreiende Farben, fadenscheinige Argumente, Fuß des Berges, Tischbein, Flaschenhals
  2. Was ist lexikalische Ambiguität? Geben Sie ein Beispiel und erläutern Sie den Koordinationstest bei lexikalischer Ambiguität.
    Wörter sind mehrdeutig z.B. Schloss, Bank
    Fritz klagt über Kopfschmerzen, und Eike klagt ihren Wohnungsvermieter.
    Test: Kann man dieselbe Situation auch folgendermaßen beschreiben?
    Fritz und Eike klagen.
    (Fritz will sein Fahrrad verschließen und sucht sein Schloss, und Eike sucht nach Schloss Schönbrunn auf der Landkarte. - Fritz und Eike suchen das Schloss?)
    (Fritz will einen Kuchen backen und will Mehl sieben. Eike ist durstig und bestellt 7 Bier. - Fritz und Eike wollen sieben?)
  3. Was ist ein Synonym? Geben Sie ein Beispiel.
    Semantik unterscheidet nicht zwischen den beiden Wörtern --> gleiche semantische Bedeutung z.B. Hund/Köter, Pfannkuchen/Palatschinken
  4. Was bedeuten Hyponym und Hyperonym? Geben Sie ein Beispiel?
    Unterbegriff/Oberbegriff z.B. Klavier/Tasteninstrument
  5. Was ist eine Paraphrase? Geben Sie ein Beispiel.
    Umschreibung, sinngemäße Wiedergabe mit anderen Worten das gleiche ausdrücken z.B. Die Katze frisst./Das Tier nimmt Nahrung zu sich.
  6. Der folgende eingebettete Relativsatz ist strukturell ambig und zwar zwischen der so genannten restriktiven und der appositiven Lesart. Die Studenten, die kein Geld haben, müssen nebenher jobben. Beschreiben Sie in ihren eigenen Worten (ohne Struktur) den Bedeutungsunterschied.
    restriktiv: nur die Studenten, die kein Geld haben, müssen arbeiten
    appositiv (beifügend): alle Studenten haben kein Geld --> müssen arbeiten
  7. Was besagt das allgemeine Kompositionalitätsprinzip in der Semantik?
    Die Bedeutung eines zusammengesetzten Ausdrucks ergibt sich aus den Bedeutungen seiner unmittelbaren Teile und der grammatischen Konstruktion.
  8. Wie lässt sich der Unterschied von Eigenname und Kennzeichnung in der Semantik charakterisieren?
    Verhältnis zwischen Name und Namensträger ist ein rein konventionelles, d.h. was die Extension eines Namens ist, hängt nur von gewissen Konventionen ab
    die Extension einer Kennzeichnung ist über die sprachlichen Konventionen hinaus tatsachenabhängig

Pragmatik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Geben Sie ein Beispiel für eine Präsupposition.
    Der König von Frankreich hat eine Glatze. --> PS: Frankreich hat einen König.
  2. Was ist eine Implikatur? Geben Sie ein Beispiel.
    Eine (konversationelle) Implikatur aus einer Äußerung ist eine Proposition p, für die gilt:
    p folgt nicht aus der wörtlichen Bedeutung.
    Die Äußerung verstieße gegen das Kooperationsprinzip, wenn der Sprecher mit ihr nicht auch p gemeint hätte.
    Der Sprecher meint tatsächlich p, geht davon aus, dass der Hörer ihn so versteht, der wiederum weiß, dass der Sprecher dies erwartet und ihn auch in diesem Sinne versteht.
    Bsp. Ich habe fünf Eis gegessen --> Implikatur: Ich habe nicht mehr als fünf Eis gegessen.
    Nachtrag: nähere Erklärung: Es handelt sich um einen Bedeutungsaspekt, der durch die Äußerung zwar kommuniziert, aber vom Sprecher nur angedeutet wird (anstatt gesagt). Implikaturen machen es dem Sprecher möglich, mehr zu sagen, als er eigentlich sagt.
    Bsp.: "Mein Benzin ist leer." - "Um die Ecke gibt es eine Tankstelle." (=> und da kannst du Benzin kaufen)
  3. Was ist das Kooperationsprinzip in der Pragmatik?
    Paul Grice sagt: Sei kooperativ: Wähle deine Worte so, dass deine Äußerung möglichst gut dem gemeinsamen Ziel der Kommunikation dient. (Maximen der Quantität, Qualität, Relation, Modalität)
  4. Geben Sie ein Beispiel für eine Verletzung einer Griceschen Maxime und erläutern Sie deren kommunikativen Effekt.
    z.B. Lüge: der Sprecher hat nur deshalb eine Chance, den Hörer in Irre zu führen, weil letzterer normalerweise davon ausgeht, dass er nicht belogen wird --> Lüge ist Ausnahme, mit der wir nicht rechnen

Phonologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Beschreiben Sie kurz den Unterschied von Phonetik und Phonologie.
    Phonetik = Sprechakt-Lautlehre, Entstehung, Übertragung und Wahrnehmung von Sprachlauten als Element oder Einheit im System einer Sprache – materielle Seite der Laute
    Phonologie = Sprachgebilde-Lautlehre, wie Laute verwendet werden und warum, Funktion und Eigenschaft von Sprachlauten als Einheit oder Element im System einer Sprache – funktionelle Seite der Laute (kognitives Konzept)
  2. Geben Sie ein Beispiel für eine Assimilation.
    bayrisch: Abvent statt Advent weil Artikulationsstelle für [b] (bilabial) näher bei der von [f] (labiodental) liegt als die für [d] (alveolar)
  3. Definieren Sie Allophon und geben Sie ein Beispiel.
    lautliche Varianten (phonetische Realisierung) eines Phonems, die in komplementärer Verteilung stehen z.B. [x] und [ç] als Allophone von /x/
  4. Was sind Silbenstrukturbedingungen?
    silbenbezogene phonotaktischen Betrachtung --> welche Silbenstrukturen (Kombinationen von Phonemen zu Silben) in einer bestimmten Sprache möglich sind, welche nicht z.B. [ŋ] nie am Wortanfang im Deutschen
  5. Warum sind Gebärdensprachen für das Studium der Phonologie relevant?
    Gebärdensprachen sind vollwertige Sprachen und haben Prozesse und Regeln, die mit phonologischen Regeln vergleichbar sind  phonologische Prozesse liegen letztendlich im kognitiven Bereich der Grammatik
  6. Was ist eine Artikulationsstelle in der Gebärdensprache?
    Position der Hand in Relation zu Kopf und Oberkörper
  7. Was ist der Unterschied zwischen gesprochener Sprache und Gebärdensprache hinsichtlich der Linearität?
    gesprochene Sprache ist in höherem Maße linear --> Vorteil der Gebärdensprache
  8. Was ist Auslautsverhärtung in der Phonologie? Zu welchem phonologischen Prozesstyp gehört sie? Geben Sie ein Beispiel.
    Neutralisierungsprozess --> Unterschied zwischen zwei Phonemen verschwindet am Satzende. Stimmloswerden stimmhafter Obstruenten im Silbenauslaut. Rad --> [rat] statt [rad]

Diachronie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Was versteht man in der Indogermanistik unter Ausnahmslosigkeit der Lautgesetze?
    Demzufolge verlaufen Lautverschiebungen in einer einzelnen oder in genetisch verwandten Sprachen regelmäßig, sofern sie unter bestimmten gleichen lautlichen Bedingungen stattfinden, der Lautwandel also von allen Sprechern einer Einzelsprache oder in allen genetisch verwandten Sprachen realisiert wird.
  2. Was ist eine Volksetymologie? Geben Sie ein Beispiel.
    historischen Wortbildungsprozess, bei dem ein unbekanntes Wort (meist Fremdwort) nach dem Vorbild eines vertraut klingenden Wortes in die Nehmersprache eingegliedert wird. Hierbei kann sowohl der Wortkörper phonologisch verändert werden, als auch durch das Mittel der Analogie eine phantasievolle Neubildung eintreten. z.B. „Hals- und Beinbruch“ von hebr. hatsloche un‘ broche = Glück und Segen

Spracherwerb[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Was ist der Unterschied zwischen Erst- und Zweitspracherwerb?
    Erstspracherwerb = ungesteuert, nur in einer bestimmten Phase möglich, Zweitspracherwerb = gesteuert (manchmal ungesteuert), später
  2. Charakterisieren Sie kurz den Unterschied zwischen kognitivistischen und nativistischen Positionen in der Psycholinguistik.
    kognitiv (Piaget): kognitive Entwicklung ist Voraussetzung für die sprachliche Entwicklung
    nativistisch (Chomsky): artspezifischer angeborener Spracherwerbsmechanismus: LAD, Universalgrammatik, Parameterfixierung
  3. Was ist die Gurrphase im Spracherwerb? Wann findet sie statt?
    Gurren (2.–3. Monat)‏
    Erste silbenähnliche Verbindungen, die mit Verschlusslauten beginnen, werden produziert (Gurrlaute) und vorgesprochene Vokale nachgeahmt. Außerdem werden die meisten, in sämtlichen natürlichen Sprachen zur distinktiven Differenzierung benutzten Kontraste kategorial wahrgenommen.
  4. Charakterisieren Sie die Phase des kanonischen Lallens.
    Kanonisches Lallen/Babbeln (6.-9. Monat)‏
    Vokaltrakt entwickelt sich
    Absenkung des Kehlkopfes
    Die ersten Konsonanten werden systematisch produziert und mit Vokalen kombiniert
    ba ma ga da
    Reduplicated Babbling
    mama dada gaga
    Der Ausdruck 'kanonisches‘ Lallen bedeutet dem Kanon der Sprache nachfolgendes Lallen‘.Wenn Babys schreien oder lallen, versuchen sie Redeflüsse zu imitieren und zu gliedern oder loten Wort- und Satzgrenzen aus. Auch bestimmte Satzbautypen sind nach dem Rhythmus ihres Lallens organisiert.
  5. Beschreiben Sie Über- und Unterextension in der semantischen Entwicklung mit Beispielen.
    Eine Überextension bezeichnet den zu weit reichenden Gebrauch eines Wortes. Als Beispiel verwendet das Kind den Begriff 'Hund‘ für alle Tiere mit vier Beinen und einem Fell, also auch für ein Pferd oder eine Katze.
    Die Unterextension bezeichnet den zu spezifischen Gebrauch eines Wortes: Das Kind nennt z.B. nur den eigenen Hund 'Hund‘ und weigert sich, diesen Begriff auch für andere Hunde zu gebrauchen.
  6. Was ist Überregulation im Flexionserwerb? Geben Sie ein Beispiel.
    In der Sprachentwicklung gebrauchen Kinder manchmal Wörter richtig ("ich sprang"; "die Tafeln"), dann falsch ("springte", "Tafels") und später wieder richtig. Es wird angenommen, dass sie zunächst durch Nachahmung richtig konjugieren lernen. Danach wenden sie eine Hypothese über neuentdeckte grammatikalische Regeln auf alles an und machen dabei auch Fehler. Durch kognitive Interpretationen von Hypothesen entstehen neue Wortschöpfungen, die das Kind zuvor nicht gehört hat. Später erkennt das Kind die Ausnahmen von der Regel. So entsteht eine U-förmige Entwicklung.
  7. Was versteht man unter dem Problem des Mangels an Stimulus?
    Während des Sprachenlernens bekommen wir eigentlich nicht genügend Grundlage, um die Sprache in all ihren Kontexten und Äußerungen vollständig zu lernen --> wir haben zu wenig Input/Stimulus, um alles über eine Sprache zu wissen, da wir nicht alle möglichen Sätze von unseren Eltern hören. Trotzdem besitzen wir eine Art Intuition und können auch Sätze bilden, die nicht Teil der Daten sind, auf deren Basis wir die Sprache erlernt haben.
  8. Was versteht man unter Dissoziation in der Spracherwerbsforschung?
    Trennung von neuronalen Prozessen --> Unterschied zwischen der sprachlichen und kognitiven Entwicklung eines Kindes, auch möglich: niedriger IQ – hohe Sprachbegabung oder normale Intelligenz – spezifische Sprachstörungen

Sprache und Gehirn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Charakterisieren Sie kurz das Williams-Beuren Syndron und erklären Sie, warum sich die Sprachwissenschaft dafür interessiert.
    kognitiv eingeschränkt, aber sprachlich nicht eingeschränkt, überdurchschnittlicher Wortschatz und komplexe Grammatik --> Beleg für die Dissoziation, stärkt nativistische Position Chomskys
  2. Was ist der Unterschied zwischen Broca- und Wernecke Aphasie in neurologischer und linguistische Hinsicht?
    Broca: motorische Aphasie --> Probleme bei der Sprachproduktion, stark eingeschränkte Grammatik (Agrammatismus) - die Betroffenen sprechen im Telegrammstil, Sprachverständnis bleibt meist erhalten (außer bei komplexen Satzstrukturen)
    Wernicke: sensorische Aphasie --> Probleme bei der Sprachperzeption, können fließend, sogar exzessiv sprechen, aber die Bedeutung der Worte nicht erkennen, Logorrhö, Neologismen, Substituierung von Worten
  3. Was ist Dominanz in der Neurolinguistik?
    eine Großhirnhälfte übernimmt die Führung bei bestimmten Funktionen, in dem sie für diese (fast) ausschließlich zuständig ist z.B. linke Hemisphäre ist sprachdominant bei den meisten Menschen (95% der Rechtshänder, 70% der Linkshänder)
  4. Was versteht Fodor unter Modularität?
    Fodor geht von einer modularen Struktur des Geistes aus, worunter er nicht nur die Zuordnung von geistigen Fähigkeiten zu abgrenzbaren neuronalen Strukturen versteht. Vielmehr geht er davon aus, dass sich auf einer abstrakten Ebene einzelne relativ unabhängige Systeme beschreiben lassen. Diese Systeme – die Module – sind nach Fodor durch eine Reihe von Merkmalen gekennzeichnet. Sie sollen jeweils auf einen spezifischen Input zugeschnitten sein, untereinander nicht oder wenig interagieren und nicht der bewussten Kontrolle unterstehen. Dafür sollen die Module schnell und parallel arbeiten. Fodor geht zudem davon aus, dass die Module in abgrenzbaren Regionen des Gehirns lokalisiert sind.
    Merkmale eines modularen Systems nach Fodor:
    domänenspezifisch z.B. für Sprachverarbeitung
    Zwanghaftigkeit (Automatismus)
    autonom (abgekapselt)
    schnell